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Fischdoktor operiert Patienten mit Hightech
Von Antonio Cortesi, Rain LU. Aktualisiert am 15.02.2010

Wenn der Koi einen Tumor hat, operiert ihn Ralph Knüsel heraus. Er ist der erste vollamtliche Fischdoktor der Schweiz und Experte für Koi-Karpfen. Im Frühling und Herbst kommt Ralph Knüsel zum Gesundheitscheck. Er untersucht die Fische auf Parasiten, betäubt sie dabei vorgängig, macht einen Abstrich von Haut und Kiemen und verabreicht ihnen wenn nötig ein Wurmmittel. Falls eine Flosse eingerissen ist, wird sie genäht. Macht pro Routineservice ca.  270 Franken. Etwas teurer wird es, wenn der Fisch auf den Operationstisch der Tierklinik muss, zum Beispiel bei bösartigen Tumoren. Ein Fisch kann bis zu zwei Stunden ausserhalb des Wassers überleben. Mittels eines Mundschlauchs wird er während des Eingriffs mit Betäubungsmittel und Wasser versorgt. Oder man sprüht ihm die Flüssigkeit direkt auf die Kiemen. Ansonsten verläuft eine solche Operation nicht anders als bei einem Warmblüter, inklusive Instrumentarium der Hightech-Medizin. Die Fische werden geröntgt oder mit Ultraschall untersucht. Möglich ist auch ein Eingriff ohne Skalpell: mit schonender Endoskopie. Bloss Bestrahlungen gibt es nach einer Tumorentfernung nicht. «Da ginge die Tierliebe dann doch zu weit, und der Nutzen wäre fraglich»,
sagt Knüsel. Dafür darf der Fischbesitzer während der Operation anwesend sein und dem Patienten gut zureden.


Fisch-Kuscheln
Der 36-jährige Luzerner ist schweizweit der einzige Tierarzt, der sich ausschliesslich der Fischmedizin widmet. Er behandelt aber nicht irgendwelche Fische, sondern sein Hauptgebiet ist der Koi. Das ist ein japanischer Zierfisch der Luxusklasse, ein Karpfen der Superlative. Er schillert in den schönsten Farben, hat oft einen Stammbaum, kann bis zu 50 Jahre alt und über einen Meter lang werden. Im Schnitt kostet ein solcher Zierfisch 200 Franken, im Extremfall bis zu 100 000 Franken.
Vor allem aber: Der Koi ist ein domestizierter Fisch, den die Besitzer in Teichen halten. Er frisst aus der Hand, man kann ihn streicheln, und die Besitzer geben ihm oft einen Namen.


Fisch identifiziert Menscha
Kaum erstaunlich, dass die Halter mit den stummen Lebewesen auch reden, als wären es Hunde oder Katzen. «Viele sagen, sie hätten eine emotionale Beziehung zu den Fischen, und ihre Gefühle würden erwidert», sagt Knüsel. Völlig ausge- sge- schlossen sei dies nicht. Jedenfalls könnten Koi eine ihnen vertraute Person beim Herantreten an den Teich aufgrund der Erdvibration sozusagen identifizieren: «Es gibt Fische, die dann ihre Streicheleinheiten abholen kommen.» Dies auch dann,
wenn sie kein Futter erhielten. Bei Fremden gebe es diese Reaktion nicht. Wie weit darf die Vermenschlichung von Tieren gehen? Knüsel findet an seiner Fischmedizin nichts Verwerfliches. «Natürlich greift man sich in einem Drittweltland an den Kopf, wenn man von solchen Operationen hört.» Aber wir hätten nun Mal eine emotionalere Beziehung zu Tieren, ob dies nun ein kuscheliges Pelztier oder ein Fisch sei.


Kaltblüter können leiden
Zudem werde der Fisch oft zu Unrecht als niedrige Spezies der Tierwelt wahrgenommen. Beim Sportfischen herrsche der Jagdtrieb des Menschen vor, und beim Töten eines Egli oder einer Forelle überlege sich der Angler kaum, dass ein Kaltblüter auch leiden könne. «Fische sind vielleicht leidensfähig im Sinne von höheren Warmblütern, aber sie haben sicher ein Schmerzempfinden.» Jedenfalls würden sie in Stresssituationen entsprechende Hormone ausschütten. Und: «Fische haben
ein interessantes Sozialleben.» Es gehe ihnen gesundheitlich besser, wenn sie in Aquarien oder Teichen nicht allein, sondern zusammen mit Artgenossen gehalten würden. Und in jeder Gruppe gebe es einen Chef. Trotzdem ist Knüsel gegen einen übertriebenen Tierschutz. «Wichtig ist, dass die Halter ihre Verantwortung wahrnehmen.» Und dazu brauche es mehr Information und Prävention, wozu auch er als Veterinär seinen Beitrag leiste. Gegenüber der Tierschutzanwalts-Initiative,
über die am 7. März abgestimmt wird, ist Knüsel eher skeptisch: «Wenn solche Anwälte zum Zug kommen, ist es meistens schon zu spät.»


Anti-Stress-Wirkung
Tiergerechte Haltung heisst für Koi-Karpfen, dass der Teich genügend gross ist und die Wasserumwälzung den hohen Ansprüchen genügt. Allein die Baukosten belaufen sich allerdings auf 20 000 bis 40 000 Franken. Trotzdem zählen zu Knüsels rund 200 Kunden «keineswegs nur Leute, die zwei Ferraris in der Garage haben». Auch viele Mittelständische leisteten sich dieses Hobby, das einen den stressigen Alltag vergessen lasse: «Ein Koi-Teich hat etwas Entschleunigendes, Beruhigendes,
Elegantes.»


Fisch kuscheln
Kaum erstaunlich, dass die Halter mit den stummen Lebewesen auch reden, als wären es Hunde oder Katzen. «Viele sagen, sie hätten eine emotionale Beziehung zu den Fischen, und ihre Gefühle würden erwidert», sagt Knüsel. Völlig ausgeschlossen sei dies nicht. Jedenfalls könnten Koi eine ihnen vertraute Person beim Herantreten an den Teich aufgrund der Erdvibration sozusagen identifizieren: «Es gibt Fische, die dann ihre Streicheleinheiten abholen kommen.» Dies auch dann, wenn sie kein Futter erhielten. Bei Fremden gebe es diese Reaktion nicht.

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